Vesuvio ist da – Rückblick Herbst 2015

Habe ich jemals erzählt wie Vesuvio zu mir gekommen ist?

Beim jährlichen aufräumen aller meiner Festplatten bin ich auf mein Reisetagebuch von 2015 gestoßen.

Damals war ich mit dem Camping Corsa auf dem Weg durch Italien.

Diesen Eintrag möchte ich euch nicht vorenthalten.

 

Rückblick:

 

Herbst 2015 – mit dem Camping Corsa unterwegs in Italien

 

In Neapel wird endlich so gefahren wie ich es von Italienern erwartet hatte. Jeder fährt wann er will, wo er will und parkt wie er will. Daran dass an den Stoppschildern und Zebrastreifen niemand anhält habe ich mich ja inzwischen gewöhnt aber hier scheinen auch die Ampeln für nichts besseres gut zu sein als buntes Licht zu machen.

Alle paar Minuten gibt es irgendwo einen Unfall was aber Niemanden aus der Ruhe zu bringen scheint. Ein Auffahrunfall ist kein Grund auszusteigen.

Endlich gehört mein Corsa mal zu den moderneren Fahrzeugen, zu den funktionstüchtigsten ohnehin, immerhin funktionieren bei mir alle Lampen was man von den meisten Verkehrsteilnehmern nicht behaupten kann. Blinker scheinen in italienische Autos gar nicht erst eingebaut worden zu sein, dafür sind aber viele Hupen in Dauerbenutzung.

Wahrscheinlich macht es Sinn dass hier die Straßenmarkierung fehlt. Die zweispurige Hauptstraße variiert ohnehin zwischen drei und vier Spuren.

Ich dachte der Verkehr in Bangkok ist chaotisch aber Neapel toppt es bei Weitem. Zwischen all den Chaoten bewegen sich tausende Mofas und Scooter über die schlechtesten Straßen die ich seit langem gesehen habe.

 

Zwei Nonnen in einem kleinen Fiat quetschen sich durch eine enge Lücke an meiner linken Seite vorbei. Durch das Fenster sehe ich die berühmte italienische Handbewegung und auch wenn Lippenlesen nicht zu meinen Stärken gehört kann sogar ich das „Madonna mio“ sehr deutlich erkennen.

 

Ich fahre raus aus der Stadt und verbringe die Nacht auf dem Besucherparkplatz von einem der noch aktiven Vulkane Europas, dem Vesuv.

Kurz nach Sonnenaufgang packe ich mein Bett zusammen. Der Parkplatz ist leer. In einer Ecke liegen ein paar zottelige Straßenhunde. Ich kümmere mich nicht weiter drum und steige über einen Zaun hinter dem Kassenhäuschen. Es ist noch kühl und ich ziehe meine Kapuze tiefer ins Gesicht. Es ist ein langer Aufstieg bis zum Kraterrand. Hinter mir höre ich leises Getapse und drehe mich um. Es ist ein kleiner Hund der mir wohl vom Parkplatz gefolgt sein muss. Er ist nur einen Meter entfernt und sieht mich an.

Es sind noch 500 Meter bis zum ersten Aussichtspunkt und der Hund tapst hinter mir her auf die hölzerne Plattform. Ich zucke zusammen, etwas hat mein Hosenbein gestreift. Die Kapuze schränkt mein Sichtfeld ein und ich muss mich bücken um meine Schuhe sehen zu können. Der kleine Hund sitzt direkt neben mir und schnuppert an meiner Jeans. Das ist mir jetzt doch etwas zu nah. Ich schiebe ihn mit dem Fuß zur Seite und mache mich auf den Weg zum nächsten Aussichtspunkt.

Er will einfach nicht weggehen. Er sieht aus wie ein kleiner Schäferhund, es wird irgendeine Straßenkötermischung sein. Das Fell ist stumpf und dreckig.

„Wir könnten wohl beide ne Dusche vertragen, was?“

 

Als ich auf dem Rückweg wieder an dem kleinen Haus vorbei komme werde ich von der Frau hinter der Kasse böse angesehen. Es ist offensichtlich dass ich keinen Eintritt bezahlt habe. Das Tor ist inzwischen offen und ich trete zurück auf den Parkplatz. Der Hund bleibt auf der anderen Seite des Zauns stehen.

Mein Corsa ist immer noch das einzige Auto auf dem Platz. Ich öffne die Fahrertür, da ist er wieder. Schnell laufen kann er wohl mit den kurzen Beinchen.

„Kommst du mit“ frage ich mit einem Lächeln. Der Hund kippt seinen Kopf zur Seite als ob er mich verstanden hätte und springt an mir vorbei auf den Beifahrersitz.

Irgendwie war das nicht so geplant. Soll ich jetzt wirklich losfahren und ihn einfach mitnehmen? Sicherlich gehört er jemandem. Ich schaue mich um. Die Straßenhunde liegen am Rand und wärmen sich an den ersten Sonnenstrahlen, die Kassenfrau guckt immernoch grimmig und ansonsten ist Niemand zu sehen.

Der kleine Kerl hat sich inzwischen eingerollt und die Augen geschlossen. Na gut, mal sehen wie er das Autofahren verträgt.

das erste Foto von Ves in Italien 2015

Ich halte an einer Tankstelle. Auf dem Weg habe ich bei einem Supermarkt Hundeshampoo gekauft, ein kleines Halsband und eine Leine. Dazu ein paar Gummihandschuhe und ein Handtuch.

An der Ecke ist ein Wasserschlauch, auch Reisehunde müssen sauber sein, jetzt wird erst mal geduscht.

Es ist einfacher als ich dachte. Nach fünf Minuten sind wir beide etwa gleich nass und der Hund wahrscheinlich sauberer als ich.

Jetzt werde ich mich mal auf die Suche nach einem Tierarzt machen. Ich will schließlich keine Flöhe im Auto haben. Wenn ich den Hund nicht behalte habe ich immerhin eine gute Tat getan.

 

 

Der Tierarzt ist zufrieden mit dem Zustand. Keine Flöhe, keine Krankheiten und nach den Zähnen zu urteilen etwa ein Jahr alt, 6,4kg schwer und mit 38cm Schulterhöhe voll ausgewachsen.

Jetzt braucht er einen Namen, „Vesuvio“, nach dem Vulkan.

Die nächsten Maßnahmen sind einige notwendige Impfungen, als erstes Tollwut. Der Hund braucht einen Chip und muss Kastriert werden aber das werde ich alles in Angriff nehmen wenn ich sicher bin dass ich ihn behalte. Vielleicht im Dezember wenn ich zurück in Deutschland bin.

 

 

Ich bin in einem großen Einkaufcenter um Vorräte zu besorgen. Vor Allem Propangas, Kekse und natürlich Hundefutter. An sowas muss ich mich wohl erstmal gewöhnen.

Mein Handy piept. WIFI Hotspot. Das kommt gerade im richtigen Moment. Mein erster Suchbegriff „Tunesien Einreise mit Hund“.

Die Antworten haben neben vielen Tipps eines gemeinsam. „Eine gültige Tollwutimpfung wird vorausgesetzt.“
Na super, das ist ein Problem. Ich wollte es ja nicht anders und dachte ich würde es mal wieder besser wissen. Was mache ich denn jetzt? Die Fähre legt morgen früh ab, das sind nicht mal mehr 12Std.

Entweder ich setze den Hund am Hafen aus und hoffe dass er noch da ist wenn ich nächste Woche zurück komme oder ich werde den Hund durch den Zoll schmuggeln müssen. Nach Afrika könnte es schwierig werden aber wenn es hart auf hart kommt habe ich ja immer noch ein paar Euro in der Tasche.
Das Versteck muss einfach so gut sein dass der Hund erst gar nicht gefunden wird.

Im Handschuhfach, dafür ist selbst Vesuvio zu groß. Im Motorraum, ich will die Schmuggelei ja nicht übertreiben. Im Kasten für das Reserverad, auch das wäre wohl übertrieben aber ich werde mir schon was einfallen lassen.

 

 

Der Moment der Wahrheit ist gekommen und der Test ob ich als Schmuggler etwas tauge.

Die Autos setzten sich in Bewegung und auch ich rolle von der Fähre und in Richtung der tunesischen Zollbeamten. Äußerlich ist nicht zu erkennen dass sich hinter dem Beifahrersitz ein blinder Passagier versteckt. Ich habe eine kleine Höhle gebastelt und, so leid es mir auch tut, den Hund an die Sitzschiene angekettet.

Mein Bettzeug liegt gut sichtbar im Kofferraum und das Auto ist aufgeräumt. Es gibt eigentlich keinen Grund mich anzuhalten und den Corsa näher zu untersuchen.
Vor mir stehen noch zwei Autos mit hochbeladenen Dachgepäckträgern. Ein weiterer Wagen steht mit geöffneten Türen an der Seite während zwei Beamte darin herumkrabbeln. Das wäre Fatal für uns.

Der Wagen vor mir fährt durch die Kontrolle, jetzt bin ich dran.

Mein Herz schlägt schnell aber ich versuche mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Ich steige aus, hinter dem Sitz höre ich ein leises Winseln.

„Passport“, mit leicht zitternden Fingern reiche ich meinen Reisepass durch das Fenster und um die Sache etwas zu beschleunigen schiebe ich die Fahrzeugpapiere und einige ausgefüllte Zettel hinterher.

Der Beamte begutachtet alles und schiebt die Hälfte wieder durch den kleinen Schlitz zurück.

„Urlaub?“ „Ja, sieben Tage.“

Ein schneller Blick ins Auto, dann saust der Einreisestempel auf eine freie Seite.

Für die PKW Einfuhr zahle ich 30 Dinar, umgerechnet 12 Euro und noch einmal 5 Euro weil der Schalterbeamte so schnell gearbeitet hat. Unter anderen Umständen würde ich gegen diese Gebühr protestieren aber bevor doch noch jemand auf die Idee kommt ins Auto zu schauen schiebe ich auch diesen Schein durch den Schlitz, dann ist es geschafft. Ich werde durch das große Tor gewunken und langsam entspannen sich meine Muskeln. Willkommen in Afrika.

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Inzwischen bin ich mit Ves durch über fünfzig Länder gefahren.

Er ist der beste Reisepartner den ich mir vorstellen kann. 

Ich habe noch ein paar Einträge von vergangenen Reisen. 

Frohe Weihnachten und freut euch auf den Nächsten.