A man steal your dog – Tunesien 2015

Es geht weiter mit dem Blick in alte Tagebücher.

2015 hatten wir eine tolle Zeit in Tunesien. Der Schreck kam am letzten Abend. 


Ich stehe vor der Internationalen Jugendherberge in Tunis. Die Altstadt besteht aus einem Gewirr aus Gängen, Tunneln und Gassen und ich habe mich heute schon mehrmals verlaufen. Morgen werde ich die Fähre zurück nach Italien nehmen und auch wenn meine Luftmatratze sehr bequem ist gönne ich mir für die letzte Nacht in Tunesien ein Bett und eine Dusche.

Einige Jugendliche sitzen auf ihren Skateboards vor dem Nachbarhaus und lachen über Fotos auf einem Handy das ein Mädchen in die Runde hält.

Den Hund habe ich vor der Tür angebunden. Er darf nicht in die Herberge und wird die Nacht alleine im Auto verbringen das ich um die Ecke geparkt habe.

Ich trete durch die schwere Holztür mit dem altertümlichen Türklopfer und sehe die meisten Gäste im großen Aufenthaltsraum. Es ist eine angeregte Unterhaltung über die furchtbaren gestrigen Ereignisse in Paris.

Durch das angelehnte Fenster höre ich ein leises Jaulen aber Vesuvio muss lernen dass ich nicht rund um die Uhr bei ihm sein kann. Ich biege nach rechts ab, gehe in die Küche und lasse mich mit einer Tasse Tee in der Hand in die Kissen eines großen Sessels fallen. Irgendwas ist anders. Stimmt, vor dem Fenster herrscht Ruhe. Das hat wohl funktioniert, sehr angenehm.

 

Durch die Tür stürmt das Mädchen das ich vor ein paar Minuten mit den anderen Jugendlichen auf der Straße gesehen habe.

Aufgeregt ruft sie etwas auf arabisch und der Ägypter neben mir springt auf.

„A man steal your dog“ schreit er und rennt los zur Eingangstür. Aus Reflex renne ich hinterher bevor ich realisiere was passiert ist. Direkt hinter mir kommt ein Argentinier, zwei Franzosen und sogar der tunesische Nachtwächter.
Auf der Straße steht ein Junge und zeigt zur nächsten Ecke.

Die Hundeleine baumelt am Wasserrohr. Drei Jungs mit Skateboards stehen schreiend an einer schmalen Straße als wir ankommen. Der Nachtwächter zieht mich am Arm, „keine Touristen,“ sagt er auf englisch. „Das regeln wir selbst.“

Er gibt ein arabisches Kommando und verschwindet mit den Jungs in der Gasse. Es vergeht eine sehr lange Minute bis er mit einem breiten Lächeln wieder zum Vorschein kommt. Im Arm hält er den kleinen Hund der sichtlich verstört ist. Einer der Jungs hält Vesuvios blaues Halsband in der Hand und präsentiert es stolz wie eine Trophäe.

„Kleine Hunde bringt viel Geld auf dem Markt,“ sagt der Nachtwächter und legt mir den zitternden Hund in den Arm. „In der Stadt musst du vorsichtig sein.“

Die Jungs überreichen mir das Halsband und weisen alle Versuche zurück sie auf eine Cola am Kiosk einzuladen. Stattdessen entschuldigen sie sich im Namen aller Tunesier und beteuern dass das Land doch eigentlich sehr sicher sei.

 

Ich hätte gerne gewusst was in dieser Gasse passiert ist, wer der Dieb war und warum ich nicht mitgehen durfte aber ich habe es nie erfahren.


Am nächsten Morgen bin ich mit der Fähre zurück nach Frankreich gefahren und Ves ist ohne Probleme zurück in die EU gereist, ohne Kontrolle, ohne Ausweis und ohne Impfung.